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Naturzerstörung stoppen: Umweltminister besucht Hotspot der Artenvielfalt im Südharzer Gipskarst

28. Mai 2024 | Ressourcen & Technik

BUND Thüringen und BUND-Kreisverband Nordhausen übergeben dem Thüringer Umweltminister ihre Forderungen zum Schutz der Südharzer Gipskarstlandschaf  (Konrad Ole Schmidt/BUND Thüringen)

BUND Thüringen und BUND-Kreisverband Nordhausen überreichen Forderungen zum Erhalt dieser einmaligen Landschaft

Bei einer gemeinsamen Gipskarstbereisung mit dem BUND Thüringen und dessen Kreisverband Nordhausen am 28. Mai 2024 macht sich der Thüringer Umweltminister Bernhard Stengele ein Bild über den Zustand dieses weltweit einzigartigen Naturraums und seiner zunehmenden Zerstörung durch den Naturgipsabbau.

Vor der atemberaubenden Kulisse der sogenannten „Kelle“, einer Halbhöhle mit azurblauem Höhlensee, überreicht der BUND dem Umweltminister seine Forderungen zum Erhalt dieser einmaligen Landschaft und der dort lebenden Arten.

Der Blick von der Kirche Appenrode – einer Station der gemeinsamen Wanderung – zeigt die dramatische Naturzerstörung: Gipstagebaue zerstören und trennen wertvolle Laubwälder, Wanderkorridore seltener Arten und gefährden die Landschaft massiv. Die Forderungen der Gipsabbaufirmen nach mehr Abbau verschärfen die Lage noch weiter.

Robert Bednarsky, Landesvorsitzender des BUND Thüringen: „Die Alpen-Gänsekresse hat die Eiszeit überlebt. Nicht aber den Gipsabbau im Südharz. Sprengungen und Bagger entreißen der Natur das „weiße Gold“. Statt zuzuschauen, wie ein Refugium an biologischer Vielfalt und ein einzigartiges Tourismus-Highlight zerstört wird, fordern wir die Landesregierung auf, einen wirtschaftlichen Strukturwandel für den Südharz einzuleiten. Dieser muss nachhaltigen Branchen und zukunftsorientierten Firmen zugutekommen und Bereiche wie sanften Tourismus oder gesunde regionale Produkte fördern.“

Tobias Strietzel, Vorstand des BUND-Kreisverbands Nordhausen warnt: „Gipskarst kann nicht wiederhergerichtet werden, die seltenen Gipsbiotope und -wälder auch nicht. Wir brauchen die sofortige Umsetzung von Maßnahmen zum Ausstieg aus dem Naturgipsabbau und -verbrauch. Es gibt genügend naturgipsfreie Baustoffe, die marktreif und kostengünstig sind. Die Politik muss dafür aber bundesweit werben und die Forschungen zu Recyclingstoffen bis zur Markteinführung unterstützen. Wenn wir die angegriffene Landschaft für uns und unsere Kinder erhalten wollen, dürfen keine neuen Abbauten genehmigt werden. Es gibt bereits Gipsfirmen, die Strohbauplatten als ökologische Alternativen im Sortiment anbieten.“

In seinen Forderungen an die Politik, nicht nur an das Umweltministerium, verweist der BUND auf solche konkreten Maßnahmen und Lösungen, die ergriffen werden müssen, um den Südharzer Gipskarst dauerhaft zu schützen. Dazu gehören unter anderem die intensive Bewerbung marktreifer Baustoffe, die fachgerechte Schulung von Personal/Handwerksfirmen und die Ausrichtung öffentlicher Ausschreibungen auf Umbaumaßnahmen, Recyclingprodukte und Baustoffe aus Pflanzenfasern. Neuartige Ersatzstoffe aus Forschungen an Hochschulen müssen endlich zur Marktreife gebracht werden – wie beispielsweise Gips aus Düngerproduktion, der mittlerweile durch Optimierung der Produktionsprozesse und Extraktion von Seltenen Erden rein und baustofftauglich hergestellt werden kann. Aber auch die Ausweisung als länderübergreifendes Biosphärenreservat muss endlich erfolgen.

Um den Ausstieg aus dem Naturgipsabbau bis spätestens 2045 zu realisieren, müssen die geforderten Lösungen dringend umgesetzt werden, wie der BUND in seinem Gutachten "Umweltverträgliche Alternativen zum Abbau von Naturgips" darstellt. Zudem dürfen keine neuen Vorrang- oder Vorsorgegebiete für Gipsabbau oder eine Ausweitung bestehender Abbaugebiete genehmigt werden.

Hintergrund:

Auf etwa 100 Kilometern Länge und bis zu zehn Kilometern Breite erstreckt sich die Südharzer Gipskarstlandschaft an der Südabdachung des Harzes. Hier finden sich vielfältige Karsterscheinungen wie Erdfälle, Dolinen, Höhlen und Bachschwinden, die in so hoher Anzahl auf engsten Raum einmalig in Europa sind. Das Gipskarstgebiet im Südharz ist das größte und bedeutendste Gipskarstgebiet in Mitteleuropa. Diese Besonderheit ist das Ergebnis von geologischen und klimatischen Prozessen, welche vor etwa 250 Millionen Jahren ihren Anfang genommen haben und bis heute andauern. Dadurch ist ein vielfältiges Mosaik an Lebensräumen entstanden, in dem unterschiedlichste Arten eine Heimat gefunden haben. Selbst Relikte der Eiszeit konnten hier bis heute überdauern. Zahlreiche gefährdete und seltene Arten sind hier zuhause. Dazu zählen mindestens sechzehn Fledermausarten, die besonders in den Karsthöhlen und alten Wäldern Unterschlupf finden. Die Wildkatze erreicht in der Südharzer Gipskarstlandschaft maximale Siedlungsdichten, denn reich strukturierte Buchenwälder dienen ihr sowie dem Uhu als Lebensraum. Zahlreiche Amphibien finden in den wassergefüllten Erdfällen, in Schluchtwäldern oder Quellsümpfen ihre Heimat.

Pressebild
 

Credit: BUND Thüringen und BUND-Kreisverband Nordhausen übergeben dem Thüringer Umweltminister ihre Forderungen zum Schutz der Südharzer Gipskarstlandschaft; Foto: Konrad Ole Schmidt/BUND Thüringen

Mehr Informationen:

Ansprechpartner*innen:

  • Ursula Schäfer, Vernetzungsstelle „Gipskarst“, BUND Thüringen, Vernetzungsstelle Gipskarst, Tel. +49 (0)1579 2331438; u.schaefer(at)bund-thueringen.de
  • Tobias Strietzel, BUND-Kreisverband Nordhausen, info@bund-nordhausen.de

Pressekontakt:

Anne Werner und Kerstin Neumann, Referentinnen für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel.: 0361 5550314, Mobil: 0176 13338564 oder 0176 13338510, E-Mail: presse(at)bund-thueringen.de

 

 

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