BUND protestiert gegen Großprojekte im Thüringer Wald: Talsperre Leibis und Pumpspeicherwerk Goldisthal im Kreuzfeuer

15. März 1993

Eisenach. Fast 200 Bürgerinnen und Bürger nahmen an einer vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Thüringen e. V. (BUND Thüringen) organisierten Informationsveranstaltung zu den geplanten Großprojekten "Trinkwassertalsperre Leibis" und "Pumpspeicherwerk Goldisthal" teil. Die Veranstaltung fand am Freitag, dem 12.03.93 in Oberweißbach, im von den beiden Projekten betroffenen Landkreis Neuhaus am Rennweg, statt.

Nach Aussagen des BUND sei diese Informationsveranstaltung dringend notwendig geworden, um endlich einmal die Gegenargumente einer sich abzeichnenden gigantischen Fehlentwicklung auf den Gebieten der Energie-und Wasserwirtschaft auf den Tisch zu legen. die den Thüringer Wald immer mehr zu einer Großbaustelle verkommen lasse. Bereits am Nachmittag hatten Mitglieder des BUND-Landesverbandes mit einem 30 Meter langen Großtransparent mit dem Schriftzug "Die Erde weint" im betroffenen Schwarzatal gegen die immense Naturzerstörung protestiert, wo bereits große Waldflächen abgeholzt wurden.

Ludwig Trautmann-Popp, Energiereferent des BUND Landesverbandes Bayern, entlarvte Pumpspeicherwerke als "Speicherzentralen" für überschüssigen Strom aus fernab gelegenen Atom-und Kohlekraftwerken. Um das Wasser aus dem Schwarzatal in das Oberbecken auf dem Farmdenkopf, die höchste Erhebung im Thüringer Schiefergebirge, zu pumpen. würde eine riesige Energiemenge benötigt, die aber nur zu ca. 75 % zurückgewonnen werden könne. 25 % der ursprünglich eingesetzten Energie gehe anlagebedingt verloren. Ein Pumpspeicherwerk habe so lediglich die Aufgabe, Verbrauchsschwankungen,  auf die sich zum Beispiel ein Atomkraftwerk nicht einstellen könne, abzupuffern, bzw. die Leistung für einen plötzlich ausfallenden Kraftwerksblock in Minutenschnelle bereitzustellen.

Mit den Worten "Wir benötigen ein verbrauchernahes, in sich stabiles Stromnetz ohne den Zwang, riesige Reserven halten zu müssen", brachte Trautmann-Popp seine Ausführungen auf den Punkt. Daraufhin bezichtigten anwesende Vertreter der VEAG (Vereinigte Energiewerke AG, Berlin) den Referenten in arroganter Manier der Inkompetenz.

Ein Statement des Goldisthaler Bürgermeisters erweckte bei den Veranstaltern den Eindruck. daß die VEAG als Projektträger in seiner Person einen treuen Bündnispartner habe, welcher schon glaube, daß ohne das Pumpspeicherwerk in seiner Amtsstube bald das Licht ausgehe.

Sebastian Schönauer, zweiter Vorsitzender des BUND-Landesverbandes Bayern, berichtete anschIießend über seine im Spessart in 20 Jahren gewonnenen Erfahrungen im Kampf um die Errichtung dezentraler kommunaler Wasserversorgungsstrukturen. Talsperren brächten, so Schönauer auf Leibis anspielend, angesichts zunehmender Luftverschmutzung und der daraus resultierenden Schadstoffanreicherung und Versauerung des Wassers, erhebliche Nachfolgeprobleme. Investitionen ohne Ende, die letztlich auf den Verbraucher zurückschlagen, seien die Folge. Von stabilen einheitlichen Wasserpreisen könne keine Rede sein.

Die Fernwasserversorgung aus Talsperren führe zwangsläufig zur Auflassung kommunaler Versorgungsanlagen. Die Souveränität vieler Gemeinden gehe genauso verloren wie deren Verantwortungsgefühl gegenüber den eigenen Lebensquellen, gab Schönauer abschließend zu bedenken. 

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